Episode 8: Psychisch belastete Jugendliche unterstützen

Shownotes

Die Corona-Pandemie, der Klimawandel und der Ukraine-Krieg setzen vielen Jugendlichen in der Schweiz psychisch zu. Zahlreiche Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche in psychischer Not sind überlastet. Welche Jugendlichen sind besonders gefährdet? Und wie setzt sich das SRK für sie ein? Martine Scholer hat im SRK verschiedene Projekte für die psychosoziale Unterstützung von Kindern und Jugendlichen geleitet. Sie erzählt, wie sie die bedrückende Situation erlebt und welche Auswege sie sieht.

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00:00:03: Martine Scholer: Der Krieg ist nach Europa getreten.

00:00:04: Das bringt neue Unsicherheiten.

00:00:06: Und gerade Jugendliche, die bereits jetzt nicht so optimistisch sind und

00:00:10: mit der eigenen Geschichte kämpfen, sind vielleicht auch zusätzlich bedrückt,

00:00:15: wenn die Weltlage nicht in Ordnung ist.

00:00:19: Ich bin Martine Scholer, ich arbeite beim Schweizerischen Roten

00:00:22: Kreuz bei der Geschäftsstelle in Bern und ich befasse mich mit der

00:00:26: psychischen Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

00:00:29: und auch mit verletzlichen Familien.

00:00:35: This Wachter: Das ist der Podcast SRK aktuell ich bin This Wachter.

00:00:39: In dieser Episode spreche ich mit Martine Scholer darüber, wie es den

00:00:42: Jugendlichen in der Schweiz psychisch geht und was ihnen helfen würde.

00:00:47: Martine, den Kindern und Jugendlichen in der Schweiz geht

00:00:55: es psychisch schlechter als früher hört und liest man in den Medien.

00:00:59: Viele Jugendliche, denen es psychisch schlecht geht, warten offenbar

00:01:03: Monate auf eine Therapiemöglichkeit.

00:01:05: Wie nimmst du die Situation wahr?

00:01:09: Martine Scholer: Also das Problem ist nicht neu eigentlich.

00:01:11: Ich selbst wurde vor allem in der Corona Pandemie wirklich mit

00:01:14: dem Thema erneut sensibilisiert.

00:01:17: Also die Unterversorgung gibt es schon lange.

00:01:19: Das Thema ist eigentlich mit der Pandemie hat sich eigentlich verstärkt.

00:01:23: Die Wartefristen wurden sehr lang und es wurden auch Kinder, die bereits

00:01:27: verletzlich waren, noch stärker betroffen eigentlich und hatten noch stärkere

00:01:32: Symptome und waren noch mehr darauf angewiesen, Unterstützung zu bekommen.

00:01:36: This Wachter: Und wie zeigt sich dieser psychische Druck konkret?

00:01:40: Martine Scholer: Also es hat ganz verschiedene Ausdrucksformen.

00:01:43: Ängste kommen sehr viel vor, depressive Züge, es können

00:01:47: auch Verhaltensauffälligkeiten sein, also Verhaltensstörungen.

00:01:51: Das können Essstörungen sein, häufig bei jungen Mädchen, es

00:01:54: können auch Suchtformen sein auch Medienkonsum - Gamen bei Jungs häufig.

00:02:00: Ja, das sind die häufigsten Geschichten.

00:02:03: This Wachter: Gibt es bestimmte Jugendliche, die besonders stark

00:02:06: unter psychischen Druck stehen?

00:02:08: Martine Scholer: Ja, man weiß eigentlich, dass die Situation, von mehrfach

00:02:11: belasteten Familien eigentlich wirklich speziell auch einen Einfluss hat auf die

00:02:16: Situation von Kindern und Jugendlichen.

00:02:18: Man muss sich vorstellen, dass Familien, also Elternteile die selber stark

00:02:21: belastet sind, sei es durch prekäre Arbeitsverhältnisse, schlechter Verdienst,

00:02:26: gesundheitliche Probleme, nicht die Ressourcen, nicht die Kraft haben,

00:02:30: eigentlich die Kinder und Jugendlichen so zu unterstützen im Alltag, wenn

00:02:34: Probleme auftreten, und diese Probleme, die sind eigentlich normal in der

00:02:38: Pubertät, also auch Unsicherheiten, Selbstvertrauen nicht immer gut ist.

00:02:43: Und auch Ängste sind normal ein Teil der Entwicklung.

00:02:47: Und man muss sich vorstellen, dass man als Eltern eigentlich weniger sich

00:02:50: einsetzen kann, wenn man selber Probleme hat und selber eigentlich am Anschlag ist.

00:02:55: This Wachter: Wenn ich mir vorstelle, wenn ich Lehrer wäre selber und merke,

00:02:59: dass ein Kind unter Druck ist, was kann ich tun, so quasi als Erste Hilfe?

00:03:04: Martine Scholer: Also wichtig ist eigentlich, dass man die Situation, das

00:03:06: Kind oder den Jugendlichen eigentlich beobachtet, also man muss sich wie

00:03:09: vorstellen "wie habe ich das Kind vorher erlebt, den Jugendlichen, stelle

00:03:13: ich Verhaltensauffälligkeiten fest?".

00:03:16: Desinteressewo Motivation da war, vielleicht ein Jugendlicher,

00:03:20: der sich zurückzieht, nicht mehr mit Kollegen sich unterhält.

00:03:23: Die Schulleistungen fallen ab.

00:03:25: Das sind eigentlich Beobachtungen, die alarmierend sein können, und das ist es

00:03:29: wichtig, das Gespräch zu suchen mit dem jungen Menschen und wirklich versuchen

00:03:33: herauszufinden, ja, hat es was an sich, sind das Entwicklungen, die sich erst

00:03:39: vor kürzerem entwickelt haben oder sind das Belastungen, die vorhanden sind.

00:03:43: Das wäre der erste Schritt eigentlich, authentisch den Kontakt zu suchen,

00:03:46: eine offene Kommunikation zu führen und wenn bei Bedarf dann vielleicht auch in

00:03:51: Kontakt sein mit den Eltern, natürlich.

00:03:53: Also je jünger die Kinder sind, desto eher muss man eigentlich die Eltern beiziehen.

00:03:57: Ja, und übrigens bietet das SRK in gewissen Kantonalverbänden auch

00:04:01: den Kurs ensa Fokus Jugend an.

00:04:04: Es geht um die Erste Hilfe für psychische Gesundheit von Jugendlichen, hier geht

00:04:08: es darum, dass Lehrpersonen, Eltern oder auch Schulsozialarbeiter oder

00:04:13: weitere Begleitpersonen, die Anzeichen einer psychischen Belastung erkennen

00:04:17: und wissen, wie sie zu reagieren haben.

00:04:19: This Wachter: Das ist also ein Angebot des SRK, wo es um die psychische

00:04:23: Gesundheit von Jugendlichen geht.

00:04:25: Was macht das SRK sonst noch für diese Jugendlichen?

00:04:29: Martine Scholer: Das SRK setzt eigentlich überall dort an, wo es

00:04:31: darum geht, Ressourcen zu stärken.

00:04:33: Man muss sich vorstellen es psychische Gesundheit also psychische

00:04:36: Erkrankung dort entsteht, wenn die persönlichen, individuellen und

00:04:40: gesellschaftlichen Ressourcen eines jungen Menschen nicht ausreicht,

00:04:43: um mit Herausforderungen umzugehen.

00:04:46: Das heißt alles, was eigentlich die Ressourcen eines jungen Menschen stärkt,

00:04:50: das können Freizeitaktivitäten sein, das können Bezugspersonen sein in einer

00:04:54: Familie, die gerade eine schwierige Phase durchläuft, das können auch

00:04:59: Mentoring Projekte sein oder auch es gibt ein Young Care Projekt in Basel

00:05:03: des noch in Entwicklung ist, wo es darum geht, Jugendliche, die Angehörige

00:05:07: pflegen zu begleiten, dass sie sich austauschen können mit anderen Peers,

00:05:11: das Sie auch Unterstützung bekommen, dass sie verwiesen werden auch an andere

00:05:15: Stellen, die sie unterstützen können.

00:05:18: Also das sind so Angebote, die eigentlich dafür sorgen, dass die Jugendlichen

00:05:22: eine Möglichkeit haben zum Austausch, Möglichkeiten haben, auch ihre Grenzen

00:05:26: zu spüren und auch Unterstützung zu holen, wenn sie das benötigen.

00:05:31: This Wachter: Und werden diese Angebote nun auch ausgebaut aufgrund der

00:05:36: Situation, dass es den Jugendlichen im Moment nicht so gut geht?

00:05:39: Martine Scholer: Ja, also ich denke, während der Pandemie war das eine

00:05:42: Herausforderung, weil natürlich ganz viele Angebote nicht stattfinden konnten.

00:05:46: Das Jugendrotkreuz hat auch viele Aktivitäten weiterhin

00:05:49: durchgeführt, wenn es möglich war.

00:05:51: Es ist immer eine Herausforderung, das Angebot hochzufahren,

00:05:54: aber es wird gemacht, ja.

00:05:56: Wenn man Bedürfnisse sieht und Finanzierung gegeben ist, reagiert

00:06:01: man als SRK ja, das ist schon so, ja.

00:06:03: This Wachter: Du hast die Pandemie angesprochen.

00:06:05: Nun gibt es auch den Krieg in der Ukraine.

00:06:08: Das sorgt mindestens bei Erwachsenen auch stark für Zukunftsängste.

00:06:13: Wie sieht das bei den Jugendlichen aus?

00:06:15: Martine Scholer: Ja, ich verweise hier auf die Studie von Pro Juventute.

00:06:18: Sie hat eine Corona Studie gemacht, sie haben ein niederschwelliges

00:06:21: Sorgentelefon und dort haben sie sehr viele Rückmeldungen bekommen von

00:06:25: Jugendlichen, die sich Sorgen machen, die auch sehr verunsichert waren, als

00:06:29: der Krieg ausgebrochen ist und neu gibt es auch diese niederschwellige

00:06:33: Beratung schriftlich auf Ukrainisch und Russisch für Jugendliche und auch für

00:06:38: Elternteile, die sich informieren wollen.

00:06:40: Also ich denke ja, es ist ein Thema, es ist verunsichernd, es

00:06:43: ist eine große Drucksituation.

00:06:46: Der Krieg ist nach Europa getreten.

00:06:47: Das bringt neue Unsicherheiten und gerade Jugendliche, die bereits jetzt

00:06:52: nicht so optimistisch sind und mit der eigenen Geschichte kämpfen, sind

00:06:56: vielleicht auch zusätzlich bedrückt, wenn die Weltlage nicht in Ordnung ist.

00:07:00: This Wachter: Hinzu kommen noch andere Faktoren wie der Klimawandel zum Beispiel.

00:07:04: Hat die Jugend, wie man auch immer wieder hört, wirklich große Klimaangst,

00:07:08: kann man das irgendwie nachvollziehen?

00:07:11: Martine Scholer: Ich glaube, das kann man nicht verallgemeinern.

00:07:12: Es gibt junge, bewusste, engagierte Jugendliche, die sehr daran leiden, die

00:07:17: sich große Sorgen machen, die keine Kinder haben möchten, wenn sie später erwachsen

00:07:21: sind, weil sie sagen, sie können das nicht verantworten, also das gibt es.

00:07:25: Andere Jugendliche befassen sich vielleicht weniger mit der Weltlage,

00:07:29: aber das ist so ein bisschen auf einer höheren Ebene eigentlich schon drückt

00:07:33: das auf die Stimmung, junge Menschen sind wenig optimistisch wenn sie wissen,

00:07:37: dass große globale Krisen bestehen und eigentlich die Herausforderung

00:07:41: für die kommende Generation, diese zu bewältigen, sehr groß ist.

00:07:45: This Wachter: Und dies kurz nach der Pandemie oder in der ausklingenden

00:07:49: Pandemie, dann auch noch.

00:07:50: Martine Scholer: Genau, das ist ein bisschen kumulativ.

00:07:52: Und wenn man den Eindruck hat, dass man das eigene Leben nicht mehr im Griff

00:07:55: hat und so viele externe Faktoren auf einem einwirken und die eigene Zukunft

00:08:00: prägen, das kann schon sehr das Gefühl von Ohnmacht verstärken, das Gefühl,

00:08:05: dass man das eigene Leben nicht gestalten kann, und das ist gerade in der Pubertät

00:08:09: und im jungen Erwachsensein sehr wichtig.

00:08:11: Ich weiß, was ich will, ich kann etwas umsetzen, ich kann etwas bewirken, ich

00:08:16: kann mich einbringen, ich habe Ziele, ich verfolge meine Ziele, meine persönlichen.

00:08:21: Das ist ja Teil des Erwachsenenlebens.

00:08:23: Und wenn dieser Prozess gestört wird, kann das , gerade wenn normale

00:08:27: Ängste da sind, die sich dann verstärken, auch zu psychischen

00:08:30: Belastungen kommen die ausufern.

00:08:34: This Wachter: Du selber leitest ein SRK Projekt für die psychosoziale

00:08:38: Unterstützung von ukrainischen Geflüchteten, namentlich von

00:08:40: Kindern und Jugendlichen.

00:08:42: Brauchen diese ukrainischen Jugendlichen spezielle Hilfe oder

00:08:46: letztlich einfach jene Unterstützung, von der auch sonst Jugendliche in

00:08:49: der Schweiz profitieren würden?

00:08:51: Martine Scholer: Ja, ich glaube, ein Teil der Unterstützung ist dieselbe, die

00:08:54: Schweizer Kinder, Jugendliche brauchen.

00:08:56: Das andere ist natürlich der sehr spezifische Kontext, in

00:08:59: den sie hier hinein kommen.

00:09:01: Also, man muss sich vorstellen: Es ist Krieg in Ihrem Land, sie

00:09:05: haben den Vater, nahe Familie und Angehörige zurückgelassen.

00:09:09: Sie sind nicht freiwillig hierher gekommen, also es

00:09:11: waren gezwungene Umstände.

00:09:13: Sie wissen nicht, wie lange Sie hier sein sollen, wie es weitergeht und das

00:09:17: sind sehr große Unsicherheitsfaktoren.

00:09:20: Und dies ist nicht zu vergleichen mit der Situation von Schweizer Kindern.

00:09:24: Natürlich, wir haben auch in der Schweiz viele Kinder mit Migrationserfahrungen

00:09:28: oder von Elternteilen, die traumatisches erlebt haben auch, durch Krieg

00:09:32: und Repression in ihren Ländern.

00:09:33: Und auch diese Kinder haben ähnliche Herausforderungen,

00:09:36: mit denen sie umzugehen haben.

00:09:38: Vielleicht sind sie nicht direkt betroffen, weil sie nicht im

00:09:41: Krieg geboren sind oder den Krieg nicht selber erlebt haben.

00:09:44: Aber eigentlich durch die Erfahrungen und die die Belastungen, die die Eltern

00:09:48: tragen, sind sie indirekt betroffen.

00:09:51: Man nennt das dann die sekundäre Traumatisierung.

00:09:54: Also insofern, die Schulen sind eigentlich gewohnt, mit Integration

00:09:58: umzugehen, mit jungen Menschen, die aus anderen Ländern in die Schweiz

00:10:02: einreisen und hier in die Schule gehen.

00:10:04: Aber ich denke, die Nähe des Konfliks, die Unmittelbarkeit, die ist

00:10:08: eigentlich schon außergewöhnlich, weil normalerweise dauert es Monate bis

00:10:12: Jahre bis von Flucht, also Verlassen des Herkunftslands, sie in der Schweiz

00:10:16: eigentlich eine neue Heimat finden.

00:10:20: This Wachter: Alles in allem sehr viele Jugendliche, die

00:10:23: psychologische und psychiatrische Hilfe benötigen in der Schweiz.

00:10:27: Jetzt in Sachen Angebote für die Jugendlichen sieht es nicht so gut aus.

00:10:31: Kann da das SRK irgendetwas verändern an dieser Situation?

00:10:35: Martine Scholer: Es gibt verschiedene Ebenen, Also es gibt so ein bisschen

00:10:38: die Wissensebene, die Vermittlungsebene, mit Fachpersonen in Kontakt sein,

00:10:42: sich austauschen, Lücken benennen, versuchen, etwas in Bewegung zu bringen,

00:10:46: damit auch die gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf diesen Themen ist.

00:10:50: Das ist das Eine, das kann die Geschäftsstelle gut tun.

00:10:53: Sonst ist es eigentlich so Es gibt Angebote, also es ist

00:10:57: nicht so, dass es nichts gibt.

00:10:58: Die Schwierigkeit ist beispielsweise an Schulen, dass die Lehrpersonen bereits

00:11:03: jetzt schon sehr stark ausgelastet sind.

00:11:05: Sie waren es während der Pandemie sehr stark und auch die Zugänge zu

00:11:09: schulnahen Unterstützungsangeboten sind teilweise schon verstopft, weil es

00:11:14: auch Wartefristen gibt durch Fälle, die beispielsweise während der Coronazeit

00:11:18: schon quasi in den Schulen waren.

00:11:21: Das heißt, es gibt so ein bisschen so ein Gap zwischen den

00:11:24: schulnahen Unterstützungsangeboten und der professionellen,

00:11:27: psychologisch-psychiatrischen Hilfe.

00:11:30: Und dort sind die Ambulatorien natürlich auch schon bereits ausgelastet und wenn

00:11:34: man einen Therapieplatz will, sei es bei einem privaten Therapeut oder ein

00:11:38: stationärer Aufenthalt notwendig ist, dann hat man auch hier sehr lange Wartefristen.

00:11:43: Und man muss sich auch vorstellen , dass es nicht selbstverständlich ist,

00:11:47: dass man professionelle Unterstützung sucht bei einem Psychologen, einem

00:11:50: Psychiater und bei der Anlaufstelle, weil es ist nicht so, dass in allen

00:11:55: Ländern der Ruf der Psychiatrie und der Psychologie sehr gut ist.

00:11:59: Viele Eltern haben aus ihrer Geschichte, aus der politischen Repression,

00:12:03: die sie erlebt haben in ihren Ländern sehr negative Konnotationen.

00:12:07: Und die Psychiatrie ist nicht eine präventive oder nicht eine

00:12:11: unterstützende Institution.

00:12:13: Das ist wirklich die letzte mögliche Station, wo es dann sehr

00:12:16: schwierig ist, wieder rauszukommen.

00:12:18: This Wachter: Aber auch du würdest sagen, es gibt einen eklatanten Mangel bei

00:12:21: der Jugendpsychologie und Psychiatrie.

00:12:23: Martine Scholer: Ja, das ist ein Fakt.

00:12:25: Wir haben seit rund 20 Jahren eine Zunahme von psychischen Belastungen,

00:12:30: auch Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, die festgestellt wurden.

00:12:33: Man muss sagen, es wird auch nur ein sehr kleiner Teil überhaupt

00:12:37: tritt an die Oberfläche, wird erkannt und behandelt frühzeitig.

00:12:41: Und die Unterversorgung ist sowohl bei den Kinder und Jugendärzten bereits

00:12:46: gegeben, aber auch sehr spezifisch im Kinder-/Jugendpsychologischen,

00:12:50: psychiatrischen Bereich.

00:12:51: Also ist ein Faktum und es wurde politisch anerkannt aber eben die verletzlichen

00:12:56: Kinder und Jugendlichen denen es schlecht geht und die Eltern die mehrfach belastet

00:13:00: sind die haben keine Lobby eigentlich.

00:13:02: Es ist eine politische Aufgabe wirklich zu steuern, wie viel Plätze

00:13:06: es braucht und wirklich das Angebot zu fördern und auch die - ja, es ist

00:13:11: auch am Ende der Lohnskala, natürlich.

00:13:13: Also wenn man die Ärztelöhne anschaut ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie,

00:13:17: die verdienen am wenigsten.

00:13:18: Das ist mit auch ein Grund weshalb sich viele Ärzte anders entscheiden

00:13:23: für ein anderes Spezialgebiet.

00:13:25: This Wachter: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: du bist selber

00:13:28: Mutter von zwei Teenagersöhnen.

00:13:30: Gibt das dir manchmal auch Gedankenanstöße für deine Arbeit?

00:13:35: Martine Scholer: Ja selbstverständlich.

00:13:36: Ich denke, wenn man sich mit Kinder- und Jugendfragen auseinandersetzt, hat

00:13:40: man immer auch private, persönliche Reflexionsmöglichkeiten zu Hause.

00:13:44: Als unsere Kinder klein waren, habe ich mich persönlich beruflich

00:13:48: mit dem Frühbereich, also mit der frühen Kindheit auseinandergesetzt

00:13:51: und habe viele Impulse bekommen.

00:13:53: Dadurch, dass ich eigene Kinder habe und jetzt wo unsere Kinder älter sind,

00:13:57: Jugendliche, sehe ich auch wie viel zusammenspielen muss, damit sie gesund

00:14:01: sind, sie Zugang zu Bildung haben, dass sie aktive Freizeitmöglichkeiten

00:14:05: haben und wenn mal etwas nicht gut geht, dass man einfach zur Seite steht.

00:14:10: Sie werden selbstständig aber sie brauchen einen doch noch.

00:14:13: Und ich denke, alle Kinder haben das Anrecht auf eine gute Zukunft

00:14:18: auf gute Zukunftsperspektiven.

00:14:20: Und deshalb setze ich mich auch beruflich dafür ein, dass

00:14:23: verletzliche Kinder und Jugendliche hier eine Unterstützung bekommen.

00:14:27: This Wachter: Martine Scholer, herzlichen Dank für das Gespräch.

00:14:31: Martine Scholer: Vielen Dank.

00:14:38: This Wachter: Mehr Informationen gibt es auf der Webseite redcross.ch.

00:14:43: Der Podcast SRK aktuell ist eine Produktion der Audiobande für

00:14:48: das Schweizerische Rote Kreuz.

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